Nachdem im Oktober 2016 neben den USA, China und Indien auch die EU den Plan der Klimakonferenz von Paris 2015 ratifiziert hat, gibt es endlich eine gemeinsame, globale Strategie gegen den Klimawandel. Dennoch, selbst eine Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur von nur 1,5 °C stellt in den nächsten Jahrzehnten große Herausforderungen an unser Leben.
Hohe Temperaturen bringen mehr Wasserdampf in die Atmosphäre, beschleunigen dessen Bewegung rund um den Globus und verstärken alle Wettererscheinungen, insbesondere Hitzeperioden, Niederschläge und Wind.
Als Landschaftsarchitektin und Urbanistin kann ich jedoch einiges machen, um den Folgen vorzubeugen und die Stadtlandschaft anzupassen. Ob bei Grünordnungsplänen im großen Maßstab oder bei Objektplanungen konkret vor Ort, immer lässt sich mit einer entsprechenden Gestaltung Verdunstungskühlung, Windbremsung oder Durchlüftung, Wasserabfluss oder -rückhaltung, etc. erreichen, so dass sich nicht nur die Aufenthaltsqualität erhöht, sondern auch in der Summe aller Maßnahmen die großräumigen Auswirkungen gedämpft werden können. Und dies ist immer billiger als kostspielige Technik.
Erfurt saniert die Schulen und auch einige Schulhöfe. Bitter nötig, denn auch diese Flächen müssen zur Anpassung an den Klimawandel beitragen. Außerdem sollen sie den Kindern Bewegungsmöglichkeiten und Naturerfahrungen bieten. Die Grundschule 34 ist sogar eine ausgewiesene Klimaschule, Kinder und Lehrkörper sind also ganz nah dran. Daher auch für mich wieder eine Freiraumaufgabe, die ich mit Natursteinmauern, Wiesen am Rand, Spielgeräten aus Recyclingmaterial und so wenig wie möglich versiegelter Fläche lösen möchte.
Seit Juni 2021 nehme ich als Beraterin an einem interessanten Bürgerprojekt teil. Der Deutsch-Französische Bürgerfonds fördert eine Gruppe von interessierten Familien und Gartenbesitzern in den Regionen um Lille und Sömmerda beim Austausch von Wissen und Informationen rund um das Thema Bienen im Garten. Meine ehrenamtliche Aufgabe besteht in der Beratung zur Planung und den Vorschlägen für geeigneter Bienenpflanzen sowie zur Pflege.
Der Landkreis Nordhausen nimmt die Klimaziele ernst und lässt von der dortigen Fachhochschule und dem Büro Think Jena eine Anpassungsstrategie mit Leitfaden anfertigen. Um die damit verbundenen Änderungen im Landschaftsbild zu bewerten und akzeptabel zu gestalten, wurde der Klima-Gestaltungsbeirat einberufen. Hier war ich 2019-20 in einem Team mit weiteren Kollegen dabei, die urbanistischen und landschaftsplanerischen Aspekte einzubringen.
Im Laufe der Bearbeitung wurde deutlich, dass die Klimaziele für die Stadt und den Landkreis zwar noch erreicht werden können, es bedarf jedoch in der Landschaft wesentlich mehr an PV- und
Windkraftanlagen incl. deren Infrastruktur.
Bäume, offene Wasserflächen, Verschattung und Entsiegelung sind dagegen in den Siedlungen und Städten die Schlüssel zur Klimaanpassung.
JenaWohnen geht wieder einmal voran: auf 2 Liegenschaften in den Plattenbaugebieten Lobeda und Kunitz werden Rasenflächen in Wiesen umgewandelt. Das hat noch niemand probiert. Es wird die Biodiversität erhöhen und die Pflege verringern. Doch vor allem ist die Erwartung daran geknüpft, dass sich die Wiesen besser an lange Trockenperioden oder starke Niederschläge anpassen können als Rasen. Im Juni 2020 jedenfalls standen sie bereits in voller Blüte und zogen Insekten und Vögel an.
Die Baufirma Riedel-Bau GmbH hat sich ein Verwaltungsgebäude in Erfurt-Südost errichtet. Das Grundstück lässt geräumige Außenanlagen zu und somit auch die Chance für eine klimaangepasste Gestaltung.
Der Oberboden wurde gesichert und wieder aufgebracht. Niederschlag vom Dach wird in einer Zisterne für die Gartenbewässerung gespeichert und der Überschuss in einer
Schotter-Rigole versickert. Die Stellplätze und die asphaltierte Zufahrt entwässern in kleine Mulden in den angrenzenden Wiesen- und Pflanzflächen. Teile des Daches wurden begrünt und schließlich
werden sich verschiedene Wiesentypen entwickeln, die einerseits vor allem Lebensraum bieten, andererseits auch die Pflege reduzieren. Direkt am Eingang präsentierte sich
eine bunte Stauden-Gräser-Mischpflanzung. Der Zugang zur Tramhaltestelle sichert eine rasche Erreichbarkeit des ÖPNV. Einheimische Bäume bremsenden Wind, bieten Lebensraum und
schaffen ein angenehmes Mikroklima.
Ein Wohnungsbauprojekt, das sich dem Klimawandel stellt, wurde in Jena umgesetzt: Versickerungsmulden, unversiegelte Flächen, Rasenpflaster auf den Stellflächen, Schattenspendende Bäume, Verdunstungskühle fördernde Wiesen und Gartenflächen und weitgehender Verzicht auf Wärmespeichernden Beton kennzeichnen das neue Wohnquartier an der Camburger Straße in Jenas Norden.